Die Borussia hat in Kiel ihre vermutlich letzte Chance auf das internationale Geschäft verspielt. Was die Mannschaft über Monate stark gemacht hat, ist nicht mehr zu erkennen.. Auch für die Stimmungslage muss jetzt Platz 9 unbedingt erreicht werden. Die allermeisten Augenzeugen der Nicht-Leistung im ersten Durchgang werden sich mächtig gewundert haben, warum Gladbach mal ernsthaft zu den Kandidaten aufs internationale Geschäft gezählt wurde. Zu sehen gab es keine von sich überzeugte und auf Erfolg getrimmte Mannschaft, sondern ausnahmslos irrlichternde Profis, jeder für sich völlig orientierungslos, hilflos, komplett überfordert gegen den Tabellenletzten der Liga. Es war ein Armutszeugnis für ein Team, das nach der Niederlage in Dortmund angeblich immer noch fest an seine Europacup-Chance geglaubt hat.. Das Träumen kann seit Kiel endgültig der Konkurrenz überlassen werden. Die Gladbacher Irrfahrt, die im Grunde schon drei Spieltage vorher auf St. Pauli (1:1) begann, führt geradewegs an Europa vorbei. Es geht in den verbleibenden drei Spielen nur noch darum, nicht auch noch das ausgegebene Saisonziel – Platz 9 – zu verspielen. Die Einstelligkeit braucht es jetzt am Saisonende dringend, um die Stimmung nicht in die falsche Richtung kippen zu lassen nach der insgesamt immer noch sehr positiven Entwicklung seit Oktober.. Kritik an der schwachen Defensivleistung. Fakt ist aber auch: Alles, was die Mannschaft mal stark gemacht hat, scheint verflogen. Gemeinschaftliches Verteidigen? Ist zurzeit nicht mehr zu erkennen. Riesige Abstände zwischen und in den Mannschaftsteilen laden die Gegner zum Toreschießen ein. Genauso wie die alarmierend hohe Anzahl an individuellen Fehlern und schlimmen Ballverlusten. Der erst 19 Jahre alte Fabio Chiarodia mit seinem Riesenbock vor dem 0:2 war beileibe nicht der einzige Borusse, der in Kiel patzte. Oder die vielen Fehlerketten in Dortmund. Ohne Zurückgewinnung der defensiven Stabilität – in den vergangenen drei Spielen hagelte es neun Gegentore – sieht es auch für die restlichen Spiele zappenduster aus.. „Wir müssen uns selbst hinterfragen, uns als Team zusammenreißen und Lösungen für diese Probleme finden.“ (Julian Weigl). „Wir haben zu schlecht verteidigt bei Standards, in Umschaltsituationen und den direkten Duellen, das kann nicht gut enden“, kritisierte Trainer Gerardo Seoane am Samstag. „Es war diesmal zu einfach, Tore gegen uns zu schießen, weil wir nicht die richtige Einstellung an den Tag gelegt haben. Als wir unsere Siegesserie aufgebaut haben, war die defensive Stabilität unsere Stärke, diese bekommen wir momentan nicht auf den Platz. Es hat bei uns an der Organisation und der Kommunikation auf dem Feld gemangelt“, meinte Vizekapitän Julian Weigl und forderte: „Wir müssen uns selbst hinterfragen, uns als Team zusammenreißen und Lösungen für diese Probleme finden. In den nächsten Spielen müssen wir als Mannschaft wieder ein ganz anderes Gesicht zeigen.“. Seoane vermisst „die eine oder andere ordnende Hand“. Gefordert sind in diesem Zusammenhang gerade auch die Führungsspieler wie Weigl selbst. Wo war die Mittelachse der Routiniers um Omlin, Itakura, Weigl, Plea und Kleindienst, als die Mannschaft in der ersten Hälfte überrollt wurde und nach dem 0:2 (und eigentlich auch schon davor) auf einen Untergang beim Liga-Schlusslicht zusteuerte? Oder nach den Ausgleichstreffern zum 2:2 und 3:3, als ein kühler Kopf gefragt war und man stattdessen gleich wieder ins offene Messer lief? „Du machst den Ausgleich zum 2:2. Dann musst du das Spiel auch mal vier, fünf Minuten kontrollieren“, befand Sport-Geschäftsführer Roland Virkus. „Ich erwarte von den erfahrenen Spielern, dass sie das Spiel in die Hand nehmen. Aber sie machen dann selbst die Fehler.“. Auch Seoane machte keinen Hehl daraus, dass er sich „die eine oder andere ordnende Hand“ gewünscht hätte in diesen Spielphasen. Es ist ein altbekanntes Problem. Und trotz der vielen Fortschritte in dieser Saison eine Sache, die man für die Zukunft weiter im Blick haben muss. Gegebenenfalls auch bei den Planungen auf dem Transfermarkt.. Kurzfristig muss nach der dritten Niederlage in Folge und einem Punkt aus den vergangenen vier Spielen der Abwärtstrend gestoppt werden. Sonst wird es auch mit dem angepeilten Platz 9 nichts. „Unser Anspruch und unsere Qualität sind höher als das, was wir zuletzt gezeigt haben“, sagte Tim Kleindienst. „Da müssen wir wieder hinkommen, um konstant erfolgreich zu sein.“